Tierschutz war in Österreich bis 31.12.2004 in Gesetzgebung u. Vollzug Landessache

Ein Rückblick, denn seit 1.1.2005 gibt es in Österreich ein Bundestierschutzgesetz:

Tierschutz war bis 31.12.2004 gemäß Art. 15 B-VG in Österreich in Gesetzgebung und Vollzug Landessache - mit Ausnahme jener Materien, die Bundeskompetenz sind.

Daher gab es in Österreich 9 verschiedene Landestierschutzgesetze und dazu auch die entsprechenden Verordnungen. Zusätzlich gab es in Salzburg ein Nutztierschutzgesetz und in Vorarlberg ein Gesetz über Maßnahmen gegen Lärmstörungen und über das Halten von Tieren.

Der Wunsch nach Vereinheitlichung dieser Rechtsmaterie wurde im Frühjahr 1996 durch das Tierschutzvolksbegehren zur Schaffung eines Bundestierschutzgesetztes in Österreich dem österreichischen Parlament übermittelt. 460.000 Österreicher/innen haben dieses Volksbegehren unterschrieben.

Die Bundesländer hatten seit 1996 den Versuch unternommen diese Rechtsmaterie zu vereinheitlichen und haben daher 2 Länderverträge nach Artikel 15a Bundesverfassungsgesetz geschlossen:

In einem Gutachten des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes wurde festgestellt, daß diese Vereinbarungen zwar in der Theorie geeignet sind eine Vereinheitlichung zu erreichen, in der Praxis jedoch diese nicht erreicht wurde.

Im Parlament hatten seit 1996 zahlreiche Beratungen (Debatten in Sitzungen des Nationalrates, Tagungen des Verfassungsauschusses und seines Unterauschusses), Expertengespräche, aber auch

stattgefunden.

In der dritten Regierungsperiode konstituiert sich am 1. Juli 2003 wieder der Unterauschuß zum Verfassungsauschuß, um seine Beratung zu einem Bundestierschutzgesetz aufzunehmen.

Auch bereits zum dritten Mal brachten die SPÖ und die Grünen im Parlament (XX., XXI. und XXII. Regierungsperiode) ihre Anträge zu einem Bundestierschutzgesetz und auf Verfassungsänderung ein:

Im Jahre 2003 (= XXII. GP) hatte auch die ÖVP zum ersten Mal einen Antrag 2/A auf Verfassungsänderung eingebracht.

Im Mai 2003 hatten die SPÖ und die GRÜNEN in einem gemeinsamen Antrag 127/A(E) die Bundesregierung aufgefordert, rasch einen Entwurf zu einem Bundestierschutzgesetz im Sinne des Volksbegehrens vorzulegen.

Die Bundesregierung ihrerseits setzte im April 2003 eine Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung eines Bundestierschutzgesetzes ein. Termin zur Vorlage eines Arbeitsgruppenentwurfes war der Herbst 2003. Am 25.11.2003 stellte die ÖVP einen von drei tierärztlichen Experten korrigierten Entwurf 114/ME der Öffentlichkeit vor. Die Begutachtung entdete mit 7.1.2004. Dieser Entwurf hatte zu diesem Zeitpunkt den Ministerrat noch nicht passiert (Widerstand der FPÖ).

Alle Stellungsnahmen zu diesem Entwurf der ÖVP finden Sie hier.

Am 13. Jänner 2004 gab Staatssekretär Morak (ÖVP) bekannt, dass es für das Projekt "Bundestierschutzgesetz" frühestens im Juli 2004 eine Beschlussfassung im Nationalrat geben würde.

Der geplante Unterauschuss zum Verfassungsausschuss am 16.01.2004 wurde mit Zustimmung aller Parteien abgesagt.

Satt dessen fand im Parlament ein öffentliches Gespräch zwischen den Abgeordneten und Experten statt. Einziger Tagesordnungspunkt war die Vorstellung der Diskussionsgrundlage zu den Verordnungen des Bundestierschutzgesetzentwurfes (über 330 Seiten) durch die ÖVP gemeinsam mit ihren drei Experten. Leider wurden in dieser Sitzung nicht für alle Verordnungsermächtigungen Entwürfe vorgelegt. Besonders die Vorlage zur lang erwarteten "Vollzugsverordnung" fehlte. Intensiv hinterfragt wurde der Entwurfes zur Haltung von Nutztieren in der Landwirtschaft.

Seit 24.02.04 war der überarbeitete Entwurf der ÖVP veröffentlicht und hier ( - 223 kB) erhältlich. Da auch dieser den Ministerrat noch nicht erfolgreich passiert hatte (Widerstand der FPÖ) handelte es sich hier noch um keine Regierungsvorlage.

Am 16.3.2004 passierte die Vorlage der ÖVP zu einem Bundestierschutzgesetz endlich den Ministerrat. Somit gab es jetzt die erste ÖVP-FPÖ Regierungsvorlage ( - 223 kB) zu diesem Thema.

Der Unterausschuss des Verfassungsausschusses "Tierschutz" wurde vom 19.3.2004 auf den 26.3.2004 verschoben.

Am 27. und 30.04.2004 fanden die nächsten Sitzungen des Unterauschuss "Tierschutz" des Verfassungsauschusses statt. Themenschwerpunkt war die Nutztierhaltung. Die Auffassungen über die Detailregelungen waren sehr unterschiedlich.

Am 11.5.2004 fand eine weitere Sitzung im Unterausschuss statt. Die Kontrolle und der Vollzug, betroffene Behörden und Kontrollfrequenzen waren diesmal Gegenstand der Verhandlungen. Die Auffassungen über die Detailregelungen waren sehr unterschiedlich.

Die nächste Sitzung soll am 25.5.2004 stattfinden. Im Hintergrund liefen aber zwischen den Abgeordneten aller Parteien Verhandlungen, um ein Bundestierschutzgesetz vielleicht doch noch vor dem Sommer 2004 zum Abschluss zu bringen.

Nach einem 12 Stunden Verhandlungsmarathon einigten sich alle 4 Parteien auf ein Bundestierschutzgesetz. In einer nächtlichen Sitzung im Parlament haben die 4 Vertreter der Parlamentsparteien doch noch einen Konsens erzielen können. Die Beschlussfassung sollte noch im Juni 2004 im Plenum erfolgen.

Am 25.5. 2004 passierte das Bundestierschutz den Verfassungsausschuss. Bis zuletzt gab es im Unterauschuss Verhandlungen. Dazu waren noch Sitzungsunterbrechungen notwendig. Letzendlich konnte doch noch ein gemeinsamer Text beschlossen werden. Wieder einmal waren es die Übergangsbestimmungen für die Landwirtschaft, die zwar 1 Woche vorher ausverhandelt worden sind, aber letztendlich am Widerstand durch ÖVP- Bauernvertreter beinahe gescheitert wären.

Einstimmige Beschlussfassung des Bundestierschutzgesetzes samt Verfassungsänderung im Plenum des Nationalrates am 27.05.2004

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